Psychologen haben festgestellt, dass wir uns gern belügen lassen, denn „Beruhigung“ ist ein Ur-Gefühl, dass wir Menschen seit den Urzeiten der Evolution anstreben. Wir sind lieber beruhigt, als Stress zu haben und weitere Nachforschungen anzustellen. Aber auch unser eigenes Ich macht uns Einiges vor:

So stellte ein Gedächtnisforscher fest, dass wir uns unsere Erinnerungen selbst schaffen. Dabei entspreche nicht jede Erinnerung dem, was zuvor in der Außenwelt eigentlich geschehen sei. Der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahnemann erklärt, dass wir uns aus den zur Verfügung stehenden Informationen eine bestmögliche Geschichte konstruieren – ganz unabsichtlich. Dabei sei besonders paradox, dass die Konstruktion umso leichter fällt, je weniger man weiß.

Genau so können falsche Augenzeugenberichte entstehen: Augenzeugen glauben etwas gesehen zu haben, was möglicherweise gar nicht der Realität entspricht, sondern eine Konstruktion des eigenen Ichs ist – eine Illusion. Dies bestätigt auch eine amerikanische Rechtspsychologin: Zeugen lügen nicht bewusst. Vielmehr unterliegen sie einem Fehler in der eigenen Nachbildung der Realität.

Besonders gut lassen sich konstruierte Realitäten mit Träumen vergleichen: Direkt nach dem Aufwachen ist uns ein Traum noch sehr detailgetreu präsent. Doch im Laufe des Tages verblassen die Erinnerungen an den Traum. So ist es auch mit Ereignissen in der realen Welt: Studien zu Folge verblassen Erinnerungen bereits nach 30 Minuten – Details können schon zu diesem Zeitpunkt durcheinander gebracht werden oder werden völlig vergessen. Diese sogenannten „Weißen Punkte“ füllt unser eigenes Ich automatisch mit Daten, die zur Geschichte passen – auch wenn sie nicht der Wahrheit des Erlebten entsprechen. Eine Psychologin der New York University stellt dazu fest, dass unsere Wahrnehmung von unterbewussten Hoffnungen und Zielen angetrieben werde. Dabei sehen wir zumeist ausschließlich das, was unsere Absichten und Zwecke bestätige. Neuroforscher Allan Snyder aus Sydney ergänzt, dass unser Unterbewusstsein die Kontrolle habe und die Entscheidungen treffe. Diese – vom Unterbewusstsein erschaffene – Realität ist dabei gut gegen Fakten geschützt, denn wir überprüfen die gewonnenen Erkenntnisse eher selten. Ein Grund hierfür ist unter anderem der Zeitmangel: Denn auf unsere Sinnesorgane treffen in kürzester Zeit immer wieder neue Erkenntnisse, die verarbeitet werden wollen – eine Überprüfung jeder Erkenntnis ist daher nahezu unmöglich.

Wie Sie sehen: Unser eigenes Ich sorgt für Illusionen – wir lügen uns also häufig auch selbst etwas vor, ohne es bewusst wahrzunehmen! Gehen Sie also mit offenen Augen durch das Leben und hinterfragen Sie Ihre eigenen Erinnerungen!

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